Klarer Aufwärtstrend: 16,3 Millionen Menschen musizieren in ihrer Freizeit
- Tonkünstlerverband BW
- 10. Apr.
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Deutsches Musikinformationszentrum legt neue Studie zum Amateurmusizieren in Deutschland vor

21 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 6 Jahre musizieren in ihrer Freizeit – das sind rund 16,3 Millionen Menschen und etwa 2 Millionen mehr als noch vor vier Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Deutschen Musikinformationszentrums (miz). Die Untersuchung basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung, die vom Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach im Auftrag des miz durchgeführt wurde.
Die Studie bietet einen differenzierten Überblick über Altersgruppen, geschlechts- und schichtspezifische Unterschiede sowie über Zugangswege, Herausforderungen und das ehrenamtliche Engagement der Musizierenden. Die meisten Freizeitmusizierenden spielen ein Musikinstrument (81 Prozent), etwa halb so viele singen (41 Prozent); rund 20 Prozent machen beides. Während das Instrumentalspiel stärker von Männern und Menschen mit höherem sozioökonomischen Status ausgeübt wird, ist Singen besonders bei Frauen und in der älteren Generation verbreitet. Der Zuwachs an Amateurmusizierenden seit 2020 ist vor allem bei Erwachsenen ab 30 Jahre sichtbar – aktuell musiziert in dieser Altersgruppe jede:r Sechste, 2020 war es noch jede:r Achte. „Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass viele Menschen nach oder auch während der Pandemie das Musizieren für sich entdeckt oder ihr musikalisches Hobby wieder aufgegriffen haben. Die Daten sprechen für einen klaren Aufwärtstrend“, erklärt Studienleiter Michael Sommer vom IfD Allensbach.
Musikalische Vielfalt und gesellschaftliche Relevanz
Aktiv sind die Musizierenden in verschiedensten Kontexten: Fast ein Drittel singt in einem Chor, jede:r Siebte bis Achte musiziert in einem Orchester, Ensemble oder Musikgruppe, spielt in einer Band oder macht projektbezogen Musik. 23 Prozent sind im kirchlichen Bereich aktiv. Bedeutendster Ort bleibt aber mit 67 Prozent der Befragten das Zuhause bzw. private Umfeld. Musiziert wird meistens regelmäßig: Zwei Drittel der Erwachsenen üben ihr Hobby mindestens einmal wöchentlich aus, Kinder und Jugendliche sogar noch öfter. Dabei zeigt sich: Besonders diejenigen, die intensiv musizieren, sind überdurchschnittlich oft bereits in jungen Jahren zur Musik gekommen. Im Durchschnitt liegt das Einstiegsalter bei 12 Jahren.
Zugangswege und soziale Unterschiede
Zu den wichtigsten Zugangswegen zählen die öffentlichen und privaten Musikschulen (für 24 bzw. 8 Prozent der Amateurmusizierenden) sowie der Privatmusikunterricht (23 Prozent). Die meisten Amateurmusizierenden haben jedoch über Chor, Orchester bzw. Musikverein (31 Prozent) oder das private Umfeld (28 Prozent) und – über alle Altersgruppen und Sozialschichten hinweg – insbesondere über die Schule (38 Prozent) zum Musizieren gefunden. Für Amateurmusizierende mit niedrigerem sozioökonomischen Status spielen niedrigschwellige Zugänge beispielsweise über Kirchen, Kultur- und Jugendzentren und Kitas eine wichtigere Rolle als in anderen sozialen Schichten. Insgesamt zeigen sich gravierende Unterschiede in den verschiedenen sozioökonomischen Gruppen: Gut gebildete Menschen mit höherem Einkommen musizieren etwa doppelt so häufig wie Menschen mit niedrigerem sozioökonomischen Status. Auch Musikgeschmack und Ausgaben für das Hobby unterscheiden sich zwischen sozialen Gruppen.
„Eine vielfältige und lebendige Amateurmusikszene ist ein wesentlicher Bestandteil kultureller Teilhabe – sie stiftet Gemeinschaft, fördert Kreativität und trägt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei“, sagt Stephan Schulmeistrat, Leiter des miz. „Unsere Studie zeigt auch, welchen persönlichen Wert das Musizieren für viele Menschen hat: Wohlbefinden, soziale Nähe und kreative Entfaltung sind zentrale Motive. Umso wichtiger ist es, den Zugang zu musikalischem Engagement offen, niedrigschwellig und vielfältig zu gestalten. Mit dieser Studie wollen wir die Bedeutung der Amateurmusik sichtbar machen und Impulse für ihre nachhaltige Förderung geben.“
Über die Studie
Die Untersuchung basiert auf 1.190 mündlich-persönlichen Interviews im Zeitraum November 2024 bis Januar 2025. Befragt wurde ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre, darunter 325 Eltern, die auch Auskunft zum Musizierverhalten ihrer Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren gaben.
Der vollständige Ergebnis- und Methodenbericht steht unter www.miz.org zur Verfügung oder kann als Druckfassung beim miz bestellt werden.
Gefördert wurde die Studie durch den Amateurmusikfonds sowie vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz. Der Amateurmusikfonds ist ein Förderprogramm des Bundesmusikverbands Chor & Orchester (BMCO) und wird finanziert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Das Deutsche Musikinformationszentrum ist eine Einrichtung des Deutschen Musikrats.
Zentrale Ergebnisse der Studie im Überblick
16,3 Millionen Menschen musizieren in ihrer Freizeit – das sind 21 % der Bevölkerung ab 6 Jahre und rund 2 Millionen mehr als 2020.
Musiziert wird altersübergreifend: Besonders aktiv sind jedoch Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 15 Jahren (fast 50 %) und Erwachsene bis 30 Jahre (26 %).
Früher Einstieg fördert intensives Musizieren: Wer mindestens mehrmals wöchentlich Musik macht, hat im Schnitt bereits im Alter von 10 Jahren begonnen. Das durchschnittliche Einstiegsalter liegt bei 12 Jahren.
Musikinstrumente spielen ist beliebter als Singen: 81 % der Amateurmusizierenden spielen ein Musikinstrument – vor allem Jungen/Männer und Personen aus höheren sozialen Schichten. 41 % singen, besonders häufig Frauen (50 %) und ältere Menschen (58 %).
Regelmäßiges Musizieren ist die Norm: Zwei Drittel der Erwachsenen (67 %) und ein Großteil der Kinder und Jugendlichen (86 %) musizieren mindestens einmal pro Woche.
Vielfältige musikalische Formate: Knapp ein Drittel der Hobbymusiker:innen (31 %) singt im Chor, 13 % spielt in Bands, 14 % in Orchestern oder Ensembles; ebenfalls 14 % musizieren (auch) projektbezogen. Der wichtigste Ort fürs Musizieren bleibt aber das Zuhause bzw. das private Umfeld (67 %).
Öffentliche Auftritte gehören für viele dazu: Rund die Hälfte der Hobbymusizierenden trat im letzten Jahr öffentlich auf. Sängerinnen und Sänger sind besonders präsent. Erwachsene kamen im Schnitt auf 3,5 Auftritte, Kinder und Jugendliche auf 2,4.
Musikunterricht ist weit verbreitet – besonders bei Kindern: 72 % der musizierenden Kinder und Jugendlichen nahmen in den letzten 12 Monaten Instrumental- oder Vokalunterricht. Auch 13 % der Erwachsenen bilden sich musikalisch weiter – Frauen deutlich häufiger als Männer.
Zugang zur Musik erfolgt über viele Wege: Die meisten kommen über Schulen (38 %), Chöre, Orchester und Musikvereine (31 %) und die Familie bzw. das private Umfeld (28 %) in Erstkontakt mit dem Musizieren. Auch öffentliche (24 %) und private (8 %) Musikschulen und Privatmusiklehrkräfte (23 %) sowie Kirchen (19 %) sind zentrale Zugangsorte – je nach Alter und Sozialschicht unterschiedlich stark gewichtet.
Starke soziale Unterschiede beim Musizieren: In höheren sozialen Schichten musizieren doppelt so viele Erwachsene wie in niedrigeren (25 % vs. 12 %). Auch bei Kindern hängt die musikalische Aktivität eng mit dem sozioökonomischen Hintergrund der Eltern zusammen.
Höhere Kosten vor allem in Familien: Eltern investieren jährlich im Schnitt 536 Euro in das musikalische Hobby ihrer Kinder, musizierende Erwachsene 192 Euro. Entsprechend nennen deutlich mehr Eltern (18 %) hohe Kosten als eine ihrer größten Herausforderungen als Erwachsene (3 %).
Großes gesellschaftliches Engagement durch Musik: 36 % der Amateurmusizierenden ab 16 Jahre treten gelegentlich für gemeinnützige Zwecke auf, etwa bei Benefizkonzerten oder in sozialen Einrichtungen. Ein Drittel der erwachsenen Amateurmusizierenden engagiert sich zudem ehrenamtlich im Musikbereich. Insgesamt sind 8 % der Bevölkerung ab 16 Jahre ehrenamtlich im Musikbereich aktiv.
Quelle: Deutscher Musikrat / Deutsches Musikinformationszentrum (miz)
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