Zwei wichtige Themen beschäftigen die Musikschulen und Lehrkräfte seit vielen Monaten.
Der DTKV hat nachfolgend einen aktuellen Sachstand zu den Themen „Herrenberg-Urteil“ und „Umsatzsteuer Musikunterricht“ zusammengestellt.
Sachstand Herrenberg-Urteil
Am 28. Juni 2022 erging das „Herrenbergurteil“ des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Frage der freiberuflichen Unterrichtstätigkeit von Musikschullehrkräften. Die Deutsche Rentenversicherung DRV geht davon aus, dass die Rahmenbedingungen für eine echte unternehmerische Tätigkeit an Musikschulen kaum gegeben sind, bzw. inhaltlich kaum gelebt werden können. Im Schatten dieses Urteils hat die DRV mit den Spitzenorganisationen der gesetzlichen Krankenversicherungen und der Arbeitsförderung am 4. Mai 2023 eine Verschärfung des bisherigen Kriterienkatalogs zur Beurteilung des Erwerbsstatus von Lehrkräften eingeführt. Bei Betriebsprüfungen durch die DRV drohen Musikschulen, egal in welcher Trägerschaft hohe Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen, wenn diese Kriterien rückwirkend angewendet werden dürfen. In dem Beschluss der Spitzenorganisationen heißt es, dass die Maßstäbe für Altfälle, jedenfalls ab 1.7.2023 angewendet werden sollen. Die Problematik des „Herrenberg-Urteils“ bezieht sich einerseits auf die vertragliche Ausgestaltung eines Honorarvertrags und der darin getroffenen Vereinbarungen, andererseits insbesondere aber auch auf die gelebte Arbeitssituation, die ausschlaggebend sind.
Der DTKV hat ein Moratorium zur stufenweisen Umsetzung des „Herrenberg-Urteils“ und den Verzicht auf alle Nachforderungen bis zum Herbst 2025 gefordert. Davon zu unterscheiden sind die berechtigten Forderungen der Lehrkräfte, für ihre Leistungen angemessen/fair vergütet zu werden, unabhängig von deren Erwerbsstatus.
Die Deutsche Rentenversicherung hat dem ein Stück weit Rechnung getragen. Zumindest bis zum 15. Oktober 2024 wurde verfügt, dass keine weiteren Betriebsprüfungen hierzu stattfinden sollen. Es werden keine Bescheide erstellt oder versandt. Anhängige Widerspruchsverfahren werden ruhend gestellt. Diese Beschlüsse gelten ab 14.06.2024, zunächst bis zum 15. Oktober 2024 (!).
Die Verfügungen können hier nachgelesen werden:
Alle weiteren Infos zum Sachstand und Umgang mit dem Herrenberg-Urteil können hier nachgelesen werden:
Der DTKV setzt sich für den dualen Weg möglicher Tätigkeit an Musikschulen/Instituten ein: Festanstellung und Freiberuflichkeit. Die Mitgliederschaft des DTKV spiegelt sowohl den Wunsch nach (abhängigen) Beschäftigungen, als auch den Wunsch nach freiberuflicher Tätigkeit wider. Dazu hat sich der DTKV positioniert:
Der DTKV wird sich weiter um durchschlagende Verhandlungsergebnisse bemühen, so z.B. die Verlängerung des Moratoriums bis Herbst 2025.
Infos zum Erwerbstätigenstatus von Lehrern und Dozenten hrsg. von der DRV-Bund Stand 14. Juni 2024 können hier nachgelesen werden:
Der Tonkünstlerverband Bayern hat ergänzend u.a. ein "Informationsblatt Scheinselbständigkeit" veröffentlicht, siehe hier https://www.dtkvbayern.de/aktuelles/informationsblatt-scheinselbstaendigkeit/
Sachstand Umsatzsteuer
Ab September 2024 wird im Bundestag das Jahressteuergesetz 2024 beraten, das zum 1. Januar 2025 in Kraft treten soll. Hier soll in der Begründung der Gesetzesnovelle die Frage der Umsatzsteuerbefreiung von Instrumental- und Vokalunterricht neu geregelt werden. Mit unserem Vorstoß wollen wir die USt-Befreiung für qualifizierten Unterricht erhalten. Es ist vorgesehen, das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Abs. 21 Umsatzsteuergesetz als Maßnahme des Bürokratieabbaus abzuschaffen. Zweck dieses Verfahrens ist die Nutzung des Fachwissens einer Landesbehörde zu nutzen, über das die Finanzverwaltung nicht verfügt. Zu beurteilen ist die Seriosität einer Einrichtung, die prinzipielle Eignung des vermittelten Lehrstoffs für Bildungsziele -z. B. die Vorbereitung einer Schülerin/eines Schülers auf die Aufnahmeprüfung zum Hochschulstudium mit musikalischem Bezug-, insbesondere auch die erforderlichen Mindeststandards zum Nachweis der fachlichen und pädagogischen Eignung der eingesetzten Lehrkräfte. Von besonderer Bedeutung ist hier, dass der Musikunterricht an Kinder im Alter ab 3 Jahren als begünstigungsfähige Bildungsleistung anerkannt wurde, vor allem auch, dass das Motiv für die Inanspruchnahme des Unterrichts unerheblich war.
Es zeichnet sich in der Praxis schon jetzt ab, dass nach einem Wegfall des Bescheinigungsverfahrens Finanzämter eigenmächtig entscheiden dürfen, ob Ihr Gesangs- oder Instrumentalunterricht als „anspruchsvolle Freizeitbeschäftigung“ beurteilt wird, und damit die Unterrichtserlöse umsatzsteuerpflichtig sind/werden. Die zusätzliche Belastung mit Umsatzsteuer würde den Unterricht erheblich verteuern. Die Entgelte für den Unterricht würden insbesondere sozial schwächere Personenkreise treffen, die sich Musikunterricht nicht mehr leisten können.
Der DTKV positioniert sich gegen die Verteuerung von Musikunterricht. Forderungen des DTKV:
Alle weiteren Infos zum Sachstand Umsatzsteuer und zur möglichen Aktivierung Ihrer Abgeordneten vor Ort können hier nachgelesen werden:
Der Tonkünstlerverband Bayern hat ergänzend u.a. ein "Informationsblatt Umsatzsteuer" veröffentlicht, siehe hier https://www.dtkvbayern.de/aktuelles/verschaerfung-von-steuerbefreiungen-von-bildungsleistungen/
Quelle: DTKV Deutscher Tonkünstlerverband
Foto: Gitarrenunterricht © iStock.com / miodrag ignjatovic